Wie Kohl die Türken abschieben wollte - „Integration“ war 1982 schon ein hinterlistiger Begriff




In Deutschland wird über „Ausländer“ gesprochen, als wären sie Fremdkörper. Britische Regierungsdokumente zeigen, dass Kohl schon 1982 das "Problem" auf seine Weise lösen wollte. Das Wort von der Integration ist damals wie heute der Kampfbegriff schlechthin – er gehört jedoch auf die Müllhalde der Geschichte.

Ein Kommentar von Imad Mustafa

Hat´s jemand mitbekommen? Nein, Doch?! Helmut „die Birne“ Kohl wollte laut Spiegel Online also die Hälfte der türkischen Gastarbeiter loswerden, abschieben. Briefumschlag mit bisschen Kohle in die Hemdtasche gesteckt und ab geht die Reise! Dabei sprach Kohl bereits 1982 dieselben Klischees aus, die heute in jeder „Integrationsdebatte“ nicht fehlen: Die Türken seien nicht integrationswillig- und fähig, denn sie „kämen aus einer sehr andersartigen Kultur. […] Deutschland habe 11 Millionen Deutsche aus osteuropäischen Ländern integriert. Aber diese seien Europäer und stellten daher kein Problem dar!“


Heute, dreißig Jahre später, wird beim Thema Integration immer noch behauptet, „die Ausländer“ wollten sich absondern, nicht integrieren, kein Deutsch lernen. Ist das wirklich der Fall? Oder ist es nicht eher so, dass sie von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen, nicht akzeptiert werden? Sehr häufig tun „die Ausländer“ alles: sprechen deutsch, passen sich bis zur Selbstverleugnung an, trinken deutsches Bier. Und doch werden sie nicht als gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft angesehen und anerkannt! Ein Restzweifel bleibt bestehen, sei es, dass er sich durch die Frage nach nationaler Zugehörigkeit, nach dem Ursprung oder gar in der Frage, wann man denn in die Heimat zurückzukehren gedenke, Bahn bricht.

Es sind diese scheinbar unbedeutenden Details, die auch im Gewande antirassistischen Mulit-Kulti-Klamauks daherkommen können, und doch immer wieder die Differenz zwischen Mehrheits und- Minderheitsgesellschaft zementieren helfen. Steckt darin ein Vorwurf? Und ob! Ich will nicht als Kanake dem exotischen Blick deutscher Mittelschichtler unterworfen sein und deren Neugier befriedigen, einem Affen im Zoo gleich; immer nur als Experte für Islam, Terrorismus, Kanaken, Integration, Gastarbeiter, angebliche Parallelgesellschaften missbraucht werden. Oft frage ich mich: Ist das also die Funktion, die wir in dieser Gesellschaft erfüllen sollen, die für uns vorgesehen ist? Entweder Arbeiter oder aber marginaler „Experte“ eines benachteiligten Teils der Gesellschaft?

Das fundamentale Problem ist nach wie vor die Wahrnehmung, denen heute diejenigen mit „Migrationshintergrund“, früher „die Ausländer“ oder auch nur „die Türken“ unterworfen sind – wenigstens war da noch die Terminologie ehrlich. Solange von Integration, Parallelgesellschaften, Brennpunktvierten gesprochen wird, bleibt sich alles gleich. Denn der Begriff „Integration“ bedingt zwingend ein Verständnis von Ausländern, Kanaken, Migrationshintergründlern und wie man sie sonst so nennt, das sie außerhalb der Gesellschaft verortet. Es sieht in ihnen etwas, das erst angepasst, zurechtgebogen- und gehauen werden muss – immer wieder im wörtlichsten Sinne, wie die Opfer von neofaschistischer Gewalt zeigen -, damit sie hier hineinpassen und nicht mehr stören. Nicht wahr?

Diese Begriffe haben freilich eine gesellschaftliche Bewandtnis und Verwurzelung. Sie entstehen nicht im luftleeren, und schon gar nicht im normleeren Raum. Im Umkehrschluss heißt das nichts Anderes, als dass die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen ein derartiges Denken gedeihen kann verändert werden müssen. Nicht die „Ausländer“ und deren Existenz hier sind das Problem, sondern das Denken einer bornierten Mehrheitsgesellschaft, die sie als fremde Eindringlinge sieht, im Extremfall auch als schmutzige, barbarische, unkultivierte Eindringlinge, die hier nicht hineingehören und auch nicht hineingehören sollen.

Erst wenn das Gefasel über Integration, Parallelgesellschaften und Eindringlingen aufhört, kann über Gleichberechtigung, Akzeptanz und Anerkennung gesprochen werden.

Anlass für eine neue Debatte, die den Integrationsbegriff auf die Müllhalde der Geschichte verbannt, sind die enthüllten Gedankengänge Helmut Kohls allemal.

1 Kommentar:

  1. Naja, Integration ganz abschaffen? Ich finde es sollte schon dafür gesorgt werden, dass sich in einer Sprache ausgedrückt wird, die der Allgemeinheit klar verständlich ist. Auch die politischen Weltbilder sollten sich einigermaßen dem Mainstream/gesunden Menschenverstand anpassen, so dass eine Diskussion überhaupt möglich wird.

    Also mein Plädoyer: Die extremistisch-fundamentalistische Gemeinschaft namens CSU abschaffen und dafür sorgen, dass im wilden Süden (und Osten) endlich mal eine Sprachreform durchgeboxt wird - anders begreifen die das ja doch nicht (kulturell bedingt). Die kann doch keiner verstehen! Erst recht, wenn sie aus den dünn besiedelten industriell und wirtschaftlich schlecht entwickelten Regionen stammen... oder Dritt-Bundesländer oder wie man die heute politisch korrekt nennt... Man muss solchen Leuten aber schon die Hand reichen, finde ich. Die können ja auch nichts für ihre Geschichte und Tradition!

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